ARD will Mediathek stärken
Nach einer Verlautbarung der ARD am gestrigen Tag will die ARD in Zukunft digitaler werden und als zentrale Anstrengung dazu die Mediathek und ihre Inhalte stärken.
Der kritische Beobachter fragt sich da natürlich „noch digitaler, ja geht das denn überhaupt?“ Das Budget der öffentlich-rechtlichen Rundfunker bietet ja großzügige Möglichkeiten und so verwundert es nicht, dass die ARD sowohl mit eigenen Internetangeboten, auch für alle Regionalsender, am Start ist. Zudem mit den Mediathek-Unterangenboten – in der Vergangenheit noch oft getrennt – aber zunehmend auch integriert unter einer zentralen Plattform für alle ARD Anstalten. Dazu noch die Mediathek App der ARD, aber auch wieder aller Regionalsender. Zudem haben einzelne Formate, wie etwa die Tagesschau oder Sportschau, die eigene Internetangebote und eigene Apps betreiben. Und dann noch z.B. die ARD Quiz-App. Da kommt ganz schön ‚was zusammen und man mag sich gar nicht vorstellen, mit welcher Armada von Web-Entwicklern, App-Entwicklern, Agenturen und Dienstleistern dieser riesige Strauss an vermutlich wenig vereinheitlichten Programmcodes betreut wird.
Aus dem Pressetext:
Mehr exklusiver Mediathek-Content der ARD
Mit einer Reform und gleichzeitigen Verbesserung der Mediathek hat man sich also viel vorgenommen. Aber auch inhaltlich will man sich anders aufstellen, exklusiver und breiter: „Die ARD Mediathek wird regelmäßig eigene Programmhighlights anbieten, die sich in der Machart an den Erwartungen der Nutzerinnen und Nutzer für dieses Medium ausrichten“. Gemeint ist damit exklusiver „Mediathek-Content“ aus den Bereichen Doku, Serie und Comedy. Heißt das, die ARD will derartige Inhalte dann tatsächlich in der eigenen Mediathek anbieten – und zwar exklusiv dort und nicht mehr, wie bisher, das ganze auf YouTube hochladen? War doch so schön das gebührenfinanzierte Inhalte YouTube die Plattform bereichern.
Und warum kommen so viele neue Formate hinzu, die dann direkt in die Mediathek wandern? Man könnte vermuten, dass hier an der Quantität geschraubt wird, statt der Qualität – unter dem Deckmäntelchen der Zielgruppenfokussierung. Ist es tatsächlich notwendig, noch mehr Dinge zu produzieren? Oder ist nicht vielleicht einfach der Output der ARD immer größer geworden, mehr als ins Programm passt, und man musste diesen teuer produzierten Content jetzt irgendwo unterbringen? Das ist schade, denn etwas direkt in die Mediathek zu schieben hat einen Beigeschmack von „straight to video“ – nicht unbedingt ein Qualitätskriterium.
Umbau auch im ARD Programm
Einhergehend mit den geplanten Neuerungen in der ARD Mediathek, möchte man auch im Programm und Programmschema umbauen. Begrüßenswert ist das, denn man beabsichtigt eine „Stärkung der Informationskompetenz und Relevanz“, mit neuen Reportagen, vertiefenden Gesprächs-, Info- und Wissensformaten. Und selbst Comedy und die 2. Bundesliga sollen nicht zu kurz kommen. Das klingt nach einer „Breitseite“, kann sich aber als etwas planloses „einfach mal durchrühren“ durchaus am Ende als Gewinn erweisen.
Interessant ist die Fokussierung auf mehr Events. Auch wenn man als Beispiele, etwas lahm, Kultur und Themenevents nennt, so steht dahinter doch offenbar, dass man „Live“ als originäre Stärke des linearen Fernsehens erkannt hat. Internet kann Sparte, Broadcast kann Masse, gleichzeitig – eben live. Die Lagerfeuermoment sind die Stärke des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Musikevents, Shows, auch Politik und Gesellschaftsereignisse – Dinge, über die man am nächsten Tag spricht. Es ist zu hoffen, dass man tatsächlich dafür das Programmschema leerer geräumt und eben zum Teil in die Mediathek geschoben hat.
Die bessere ARD Mediathek?
An der Struktur und technisch/kleinkarierten Qualität der Mediathek „als Anwendung“ scheint nicht allzu großer Verbesserungsbedarf aus Sicht der Chefinnen und Chefs. Vermutlich sieht man die Mediathek da aus der Distanz. Da wird „auf Armlänge ‚drüber“ regiert. In realo finden sich aber bei Internet- und App-Angeboten gerade in den Details die wichtigen Fallstricke, die ein Angebot zu einem Erfolg oder Misserfolg werden lassen. Die ARD hat durchaus die Mittel, um solch eine Mühsal der Ebene für sich zu entscheiden – nur ob man das will oder erkannt hat?
So kündigte man im Juni 2021 einen Ausbau der personalisierten Empfehlungssysteme an. Okay, man möchte etwas verbessern, etwas, dass man von Netflix, Amazon und Co. kennt… Die ARD hat zig tausende Inhalte – wäre ja toll, wenn Kollege Computer immer genau das richtige empfiehlt. Denkt sich der Chef oder die Chefin so… Aber heißt das nicht unterm Strich: Die ARD wird dann also auch Nutzungsdaten sammeln und eigene Filterblasen generieren? Zudem ist die Implementierung solcher Algorithmen – also gescheiter Algorithmen – kein einfaches Unterfangen! Selbst für Netflix war das ein so schweres Problem, dass man eine „bounty“ auslobte (der „Netflix Price„), zu gewinnen für den genialen Programmiere, der in der Lage wäre, den Algorithmus zu verbessern. Das war 2009 und es gab 1 Million Dollar zu erringen. Das Ergebnis ist proprietär und nach Kenntnisstand der Redaktion geheim. Es gab sogar damals Gerichtsverfahren wegen Problemen mit dem Datenschutz. Es zeugt also von hohem Sachverstand (Ironie), wenn man im ARD Gremium einfach so beschließt, dass man hier in Germany sowas auch braucht und einfach mal so baut. Wird bestimmt ein Hit.
Aber statt sich im Hinterherlaufen zu verzetteln, könnte man auch bestehende Stärken ausbauen: wie wäre es mal damit, größere Teile des riesigen Archivs der Öffentlich-Rechtlichen online zu bringen? Der Fundus von Klassikern aus Show, Film und News ist gewaltig. Darunter wertvolle Dokumente des Zeitgeschehens. Oder dass man wenigstens die Tiefe der Metadaten vergrößerte – und gemeint ist nicht, Suchfelder oder dergleichen Firlefanz, sondern einfach existierende Metadaten mit zu indexieren und/oder darzustellen: beteiligte Personen, Sendetermine, Orte, Schlagworte. Auch gut wäre – und da gibt es immer etwas zu optimieren – die Bedienbarkeit, „usability“ und die damit verknüpfte „user experience“, UX, zu verbessern. Die ARD hätte für all das die Mittel und damit die Möglichkeiten.
Zum Pressetext der ARD mit Details zum Vorhaben.
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