Daft Punk auf Twitch
Das war schon eine seltsame Ankündigung auf Twitter: „One more time…“, Daft Punk auf Twitch. Rätselhaft. Die verschlossenen Franzosen des Electronic Duos sind ja sonst nicht bekannt für komische PR moves. Auf der anderen Seite aber sind sie bekannt für künstlerische Scoops. Also, was soll das? Sind sie wieder da? Und gehen sie live? Gibt es ein Daft Punk Comeback, eine Reunion, eine Neuauflage? Würde irgendwie passen, dass man sich bei so einer Aktion der neuen Zeit verschreibt und das Ganze auf einer Live-Streaming Plattform wie Twitch veranstaltet. Mit anderen Worten: da zuckt die Maushand gewaltig und man muss unweigerlich ‚drauf klicken, auf diesen Link. Also twitch.tv aufgerufen, los geht’s:
Was einen dann auf Twitch erwartete erfreute und überraschte in gleichem Maße. Das erste: es läuft etwas in fast vergessenem grisseligem 4:3 Format! Passt, denn Daft Punk ist ja auch irgendwie retro. Ist das ein künstlerischer Kniff? Läuft da ein Live-Event in VHS Optik? Wie man es von Synthwave Videos kennt? Ist Daft Punk wirklich zurück? Legen Guy-Manuel de Homem-Christo und Thomas Bangalter da tatsächlich live auf?
Daft Punk Comeback?
Nee. Tun sie nicht. Das Ding ist eine Konserve. Ein Live Konzert von 1997 in Los Angeles. Bummer. Dabei wäre das schon etwas gewesen. Twitch / Amazon hätte durchaus die Kohle gehabt, um den zwei ein Comeback schmackhaft zu machen, vermutlich wurde es sogar probiert, um einen PR Coup für Twitch zu landen. Daft Punk „for one night only“!
Zudem klafft in der Musiklandschaft eine Wunde, die andere Künstler als Homage oder aus künstlerischer Armut zu stopfen suchen. So tat Dua Lipa das z.B. in einem anderen Live-Event gerade mit Daft Punk Anleihen. Aber wie gesagt: solche Stunts ist die Sache der zwei Franzosen nicht. Dann also eine Konserve. Keine Geschichte geschrieben, auf Twitch. Was dann?
Okay, das Datum gestern war der Grund. Daft Punk gaben vor einem Jahr, am 21. Februar 2021, am Schnapszahl-Datum, ihre Auflösung bekannt und zum Jahrestag dieses traurigen Termins bietet Twitch den Nerds etwas ear candy, „Gaming background music“ quasi. Mit ear und vor allem eye candy kennt Twitch sich ja aus. Zudem ist das „Event“ ja die DNS der Firma. Und die Nerds kamen in großer Zahl. Über 100K Zuschauer waren in der Regel dabei. Aber als deutsche Twitch Nutzerin musste man schon wissen, dass da etwas läuft, denn auf der lokalisierten Startseite gab es kein Wort, keine „wer streamt gerade“ Einblendung über das Konzert. Zudem lief das main event zur Geisterstunde nach deutscher Zeit.
Das Konzert, das da gezeigt wurde, ist dennoch ein Kleinod. Es zeigt das Duo bei einem Auftritt im Mayan Theater am 17. Dezember 1997, ca. ein Jahr nach der Erstveröffentlichung ihres Debütalbums „Homework“ am 20. Januar 1997. Und wie es der Zufall will, wird gerade davon, zum 25jährigen Jubiläum des Releases, ein anniversary re-release auf den Markt gebracht. Ach soooo… Da tippt man sich an die Naseweis-Nase.
Das andere immer wieder betonte Ding ist, dass die zwei Musiker ohne ihre später ikonisch gewordenen Roboter-Helme auftraten – nur so, einfach im Pullover. Wow. Das ist aber nicht weiter wichtig, denn das Konzert fand ohnehin in totaler Dunkelheit statt. Außer schemenhaften Blicken, auf Publikum und Künstler, gab es da nix zu sehen.
Alles verflogen
Nix zu sehen gibt es übrigens auch nach dem Event auf Twitch von der Sache. War da was? Kein VoD, keine „früheren Übertragungen“, keine Twitch Clips. Man möchte wohl, bei Twitch und Daft Punk, dass das eine einmalige Sache bleibt. Klar klappt das nicht ganz im Internet, denn bootlegs / Raubkopien der Übertragung sind natürlich schon online [Korrektur: alle geblockt! Nur einen 20 Sek. Clip gibt es auf dem offiziellen Daft Punk Account und einen 4 Min. Ausschnitt (eingebettet unten)]. Und so reiht sich das Event ein in eine schon etwas längere Reihe von in loser Folge für die Bekanntheit von Twitch veranstalteten Live-Streaming Events auf Twitch. Hatte irgendwie keine größeren Auswirkungen. Kann man gesehen haben, oder auch nicht. Daft Punk bleibt Geschichte.
Ein Ausschnitt (so ungefähr sah das aus):