youtube-dl verbannt? Video Download illegal?
Viele nutzen vermutlich das Video Download Tool youtube-dl, um Videos von beliebten Social-Video Plattformen wie YouTube, Vimeo, DailyMotion und Co. herunterzuladen. Das liegt wohl daran, dass wenn man auf Google nach „YouTube Download“ such, ein Infokasten eben dieses Tool verlinkt. Ohne einen solchen Kasten führt eine derartige Suche auch gern mal in die Untiefen des Netzes. Es sind diese Suchanfragen, nach PDF Tools oder alltäglichen PC-Problemen eben. Üblicher Weise werden arglose Nutzer dann auf Seiten geleitet, die nicht wirklich weiter helfen: Entweder sind die Angebote fake oder es wird irgendwelche Malware installiert – oder dazu aufgefordert. Oder es wird dazu angeleitet, ein obskures Programm umständlich zu installieren, nur um dann mit einem wenig hilfreichen aber dafür umso zweifelhafteren Tool zu enden.
youtube-dl ist all das nicht. Das Programm – vielmehr ist es ein Script – ist komplett open-source, wird von Freiwilligen entwickelt und ist komplett frei von Malware, Spyware, Adware oder was sonst noch so gern mit derartigen Programmen mitgeliefert wird. Zudem unterstützt youtube-dl den Download bei einer nie zuvor gesehenen Zahl von Video Hostern. Die aktive Community sorgt zudem seit Jahren dafür, dass Änderungen an den Quell-Websites ganz zeitnah eingepflegt werden und das Tool so immer funktionierte, wenn andere Dienste versagten.
Wer denkt, das Skript habe irgendwie einen „krummen Ansatz“, der irrt. Zwar gibt es profane Einsatzgebiete, wie etwa die eigene Katzenvideos-Sammlung herunterzuladen und so zu sichern – hilfreich, wenn man die zwar mit der Welt auf YouTube geteilt hat, es dann aber geschafft hat, sie lokal zu verbummeln. Überrascht ist man aber, wenn man erfährt, wofür das Tool tatsächlich täglich im Dauereinsatz ist:
- Nutzer, die nur über Hardware verfügen, die sonst nicht in der Lage wäre, Videos von einer Plattform direkt abzuspielen, können durch getrennten Download einen Weg finden sie abzuspielen
- Nutzer, deren Internetanbindung nicht schnell genug oder unzuverlässig ist, können Videos in höherer Auflösung als ansonsten möglich ansehen
- Die Wiedergabe weitergehend anpassen, als das der Webplayer zulässt, etwas in besonderer Darstellung, Geschwindigkeit oder Auflösung, etwa um Menschen mit Behinderung den Zugang zu ermöglichen
- Lehrende können Videos für die Verwendung im Klassenraum vorbereiten
- Menschenrechtsaktivisten können Augenzeugenberichte sichern und schützen
- Journalisten und Publizisten können Videos sichern oder aufbereiten oder schützen
Man stellt sich da einen TV-Journalisten vor und wie dann unter Zeitdruck in der IT-Abteilung angerufen wird, weil man ein YouTube-Video für einen MAZ-Einspieler nutzen möchte und das Video dazu „irgendwie ins AVID“ bekommen muss… Klar, der Video download geht auch ohne youtube-dl, ist aber, je nachdem, wie viel man davon selbst „erforschen“ muss, kompliziert für Otto-Normalanwender.
Dennoch ist die Rechtmäßigkeit des Tools offenbar eine Grauzone. Ist der Download eines Videos mit youtube-dl eine Urheberrechtsverletzung? Was macht youtube-dl denn anders, als der Browser? Lädt nicht der Browser zur Wiedergabe eines Videos das Selbe ebenfalls herunter? Wird im Innern von youtube-dl irgend etwas „umgangen“, so dass man dem Programmcode und damit seinem Anwender vorwerfen könnte, sie oder er würde etwas unrechtmäßig „umgehen“? Und: kommt es nicht auf den geladenen Inhalt an und dessen Rechtsstatus? Ist es richtig, dass das gesamte Tool „verschwinden“ soll, nur weil es möglich ist, unrechtes damit zu tun? So kann youtube-dl auch Videos der ARD Mediathek herunterladen – und die Inhalte der ARD werden teilweise direkt von der ARD schon mit einem Download Button versehen. Hier wäre youtube-dl dann im Grunde vergleichbar mit einem Download-Manager oder eben dem Rechts-Klick im Browser.
An dieser Stelle sei ausdrücklich angemerkt, dass dieser Artikel keine Rechtsberatung darstellt. Die Autoren haben keine Ahnung von den zugrunde liegenden Umständen, dem Rechtsstatus des Tools oder der Rechtmäßigkeit der verschiedenen Einsatz-Szenarien.
Der Fall auf GitHub und was geschehen war
Github hat nach Vorwürfen der RIAA das youtube-dl Repositorium und alle Forks davon enfernt. GitHub ist eine Plattform für Open-Source Programme und gehört zum Microsoft-Konzern. Der yt-dl Programmcode wird dort gehostet und gepflegt. Die RIAA ist ein Verband der US-Musikindustrie und sah Urheberrechte wohl insofern verletzt, dass über das Tool irgendwie der Raub von Musik ermöglicht würde. Im speziellen ging es da um einen „rolling cipher“ der scheinbar bei manchen Videos eingesetzt wird, um den Zugriff genauer zu kontrollieren. Und dieser „cipher“, also eine Verschlüsselung, würde durch youtube-dl umgangen. Belegt wurde das damit, dass es einen Software-Test gab (der Test ist inzwischen wieder entfernt), der Musikvideos erwähnte und die Aufdröselung des besagten „ciphers“ darstellte.
GitHub hat darauf hin, gemäß ihrem Umgang mit DMCA Hinweisen, den Zugriff auf die youtube-dl Repositorien geblockt und sich die Sache genauer angesehen.
Zwischenzeitlich haben die youtube-dl Entwickler sich an die EFF gewandt, die darauf hin Anwälte beschäftigte und den Entwicklern half, eine Gegenrede zu formulieren. Der Brief der EFF wurde GitHub zugestellt und nach Prüfung der Vorwürfe hat GitHub den Zugang zu allen Repositorien wieder hergestellt.
In groben Zügen: es zeigte sich (zumindest wenn man der Sichtweise der EFF folgt), dass die Vorwürfe haltlos bzw. unbegründet waren. Eine „Umgehung“ einer Verschlüsselung sei ja nur gegeben, wenn quasi ein Geheimnis gebrochen würde. Jedoch liefert die Videoplattform, in diesem Falle YouTube, jedem Zuschauer eines Videos mit besagtem „cipher“, den Code um diesen zu lesen auch mit. Es handelt sich offenbar mehr um eine verklauslierung der übetragenen Daten denn um eine tatsächlich sichere Verschlüsselung. Sonst könnte ja niemand diese Videos, die diesen „cipher“ verwenden, ansehen… Ob dies nun einen Kopierschutz darstellt oder nur eine „technische Sache“ ist? Wohl ebenfalls Ansichtssache. Die eine Seite hält es für einen „schwachen chutz“, die andere eben nicht. Das youtube-dl Tool jedenfalls tut anscheinend das selbe, das ein Browser auch tut, und nichts Unrechtes. Zumindest ist das die Sichtweise der EFF.
So positioniert sich GitHub
Interessant ist, wie sich GitHub hier verhalten hat. Denn während es in der Vergangenheit hin und wieder Zweifel gab an der Transparenz der Firma (andere Baustelle), agiert GitHub hier ganz transparent nach seinen eigentlich festgeschriebenen hehren Grundsätzen. So veröffentlichte man zu dem Vorfall im November 2020 eine genaue Schilderung der Vorgänge auf der eigenen Website.
Großen Wert legte man aber zudem darauf, auf Missstände zu deuten. So habe der gesamte Vorgang zu Tage gefördert, dass es hier – gemeint ist im Umgang mit solchen DMCA Vorwürfen gegen Open-Source Entwickler – zahlreiche Graubereiche gibt. Ein ordnungsgemäßes Handeln sei daher sehr schwierig. Man könne an dem Fall exemplarisch erkennen, dass es eben möglich ist, dass eine Organisation mit einem u.U. unbegründeten Vorwurf ein ganzes Projekt mit leichter Hand aus dem Netz verschwinden lassen kann. GitHub erkennt das an und möchte nun helfen, einen Fonds einzurichten, der in Zukunft, bei ähnlich gelagerten Fällen, den Mitarbeitern an Open-Source Projekten in derelei Fragen zur Seite stehen kann. Und als Pointe zum Schluss, spendet GitHub eine Anschubeinlage von 1 Millionen US-Dollar. Das ist schon ein bemerkenswerter Move von Microsoft.
Update: Der Fall youtube-dl zieht seine Kreise bis nach Deutschland
Offenbar ist rechtliche Klärung in diesem Fall dringend nötig. Denn wie netzpolitik.org gestern berichtete haben die lokalen Niederlassungen von drei Majorlabels der Musikindustrie, Sony, Warner und Universal, dem (überraschend in Deutschland ansässigen) Webhoster der yt-dl.org „business card website“, die Fa. Uberspace, eine Rechtsschrift zugestellt. Interessanter Weise geht es dabei gar nicht direkt um den Video Download mit youtube-dl, sondern um das unrechte Kopieren von Musik. Analog zum Vorwurf in den USA, wirft man dem Tool die Umgehung von technischen Schutzmaßnahmen vor und fordert den Hoster daher auf, den Zugang zur Homepage des Tools zu sperren.
Es gibt also gehörigen rechtlichen Klärungsbedarf. Bisher sieht sich der Hoster im Recht und hält eigene rechtliche Ansichten entgegen. Es wird interessant sein zu beobachten, wie sich der Fall weiter entwickelt.