Die Atemlos Show

Am gestrigen Samstag präsentierte Giovanni Zarrella die dritte Ausgabe seiner nach ihm benannten Giovanni Zarrella Show. Und, wie war's?
Veröffentlich am 13. Februar 2022 und aktualisiert am 14. März 2022
Eröffnung der Giovanni Zarrella Show am 12. Februar 2022
Rechte: ZDF/ SRF, Bavaria Entertainment

Samstag Abend in Deutschland. Da ist das Fernsehprogramm leer geräumt, nichts läuft da. Nichts. Wohl noch aus der alten Tradition heraus, dass Samstags die Leute ausgehen (also vor Corona, war das) und nicht am Bildschirm sitzen, spart man sich die guten Konserven für andere Tage auf und zeigt nur Füllware. Also Füllware… und Shows. Shows sind nämlich noch so eine Tradition. Und da man annimmt, dass nur Ältere und Schlagerfans und ältere Schlagerfans vor dem Bildschirm sitzen, zeigt man eben das: Schlager. Neuer im Programm ist hier die Giovanni Zarrella Show. Seit dem Abschied von Carmen Nebel gab es eine Lücke zu füllen, die man nicht wieder mit Florian Silbereisen besetzen wollte. Oder er hatte schon zu viele Shows. Oder er war gerade zu RTL gegangen. Mit dem Boygroup und schlagererfahrenen Giovanni wählte man dann jemanden, der geradezu auf diese Chance gewartet hatte. Ein Entertainer, alt genug, um noch den alten Shows von Peter Alexander hinterher zu hängen – und jung genug, um der Showidee neuen Pfiff zu geben. Geben zu wollen. Noch hungrig ist.

Giovanni Zarrella Show, Eröffnung aus der Decke

Der Saal ist dunkel und es geht los. Die Scheinwerfer blenden auf: In der zentralen Lichtinstallation schwebt Giovanni in einem Käfig herab, aus dem Himmel der Halle …und geht dann nahtlos in ein erstes von vielen weiteren langen, großen, gesungenen und getanzten Medleys als Eröffnung über. Puh!, ganz schön anstrengend. Alle sind außer Puste. Das Tanzensemble geht mit strahlenden Gesichtern ab. Werden die noch oft machen. „Buona sera! Schönen guten Abend!“ Danach erstmal wieder atmen. Gut dass die Leute noch applaudieren und man etwas Zeit hat. „Ah, ist das schön! … das schweizer Fernsehen ist mit dabei, SFR1.“ Ja, fast, Giovanni. Beim SRF1 wird man sich, face-palm-Moment, die Hand an die Stirn geklatscht haben.

Aber no front. Giovanni macht das gut, ist immer super nett, super herzlich und super bemüht. Und man nimmt es ihm ab. Alle nehmen ihm das ab. Auf der Bühne und vor dem Fernseher. Er liebt diese Show, er weißt diese Show-Chance zu schätzen und er will es gut machen, richtig gut. Wie John Hammond in Jurassic Park „I spared no expense“. Und die Show sieht auch richtig gut aus, mit ihrer ESC Gedächtnis-Kulisse. Seit dem ESC 2011 in Düsseldorf müssen alle Bühnenbilder wie von Florian Wieder designed aussehen. Aber, naja, das Bühnenbild bei Giovanni wurde von anderen gestaltet. Es hat viel Scheinwerfer, viel Licht, viel Schatten, Kontraste und es gibt nervend viel Streiflicht in den Kameras… Aber es ist viel los! Es wird gewirbelt und getanzt. Die Kamera tanz dabei oft mit, in den versierten Händen von Norman Bever und Tom Bierbaumer. Auch die, auf große Shows abonniert, Routiniers!, schon beim ESC dabei gewesen und bei allem anderen, von Let’s Dance bis eben Giovanni. Er „spared no expense“. Aber irgendwie hakt es bei der Übergabe an die anderen Kameras im Saal, man bleibt am Anfang der Show ein zwei Mal zu lange auf der Steadicam und es scheint als suche man die Protagonisten auf der großen Bühne. Kleiner Schnitzer. Okay.

Aber die große Bühne ist ohnehin so ein Problem, irgendwie. Die immer wieder atemlosen Handelnden müssen von links, nach rechts, in die Sitzecke und wieder zurück. Dabei wird alles seltsam frontal mit dem Teleobjektiv, gefühlt von der Rückseite der Halle, fotografiert. Das erzeugt einen flachen Bildeindruck, ohne Tiefe. Als wären die Akteure flach wie Pfannkuchen. Dieser Makel besteht seit der ersten Sendung und ist in der Bildgestaltung begründet. Eine offene helle Bühne, wie etwa damals bei Carmen Nebel, ist viel „luftiger“, übersichtlicher. Dieses schwarz-in-schwarz, mit gleißendem Licht zwischendrin und zugenebelt – wirkt erdrückend und unterstreicht nur noch die immer wieder abgehetzte Atemlosigkeit von Giovanni und seinen Gästen.

Performen bis zur Erschöpfung

Man kann immer meckern. Ist auch gut jetzt. Denn man kann und muss allen Beteiligten attestieren, dass sie eine große Show, auch eine groß aussehende Show, abliefern. Vor und hinter der Kamera. Auch den Choreografen wird, ganz ungewöhnlich, immer wieder gedankt. Der Teamspirit scheint also zu passen. Nur muss man sich vielleicht noch etwas eingrooven, miteinander, bei den so vielen Leuten.

Vielleicht auch, weil die Ausrichtung etwas Neues versucht, ein klein wenig. Giovanni versucht offenbar, teils weniger schlagereske Gäste zu laden und die Show in eine jugendlich-mainstreamigere Ecke zu bugsieren. Wincent Weiss ist geladen und Genre-Grenzgänger wie DJ Ötzi. Nino De Angelo versucht ebenfalls aus dem Schlagerkäfig zu entkommen und in der Showband muckt der „TV total Bassist“ Krischan Frehse. Noch so ein Routinier. Giovanni „shared no expense“. Warum passieren da einmal Misstöne in der Bläser Section? Es läuft noch nicht so recht. Warum sieht man den Dino nicht? Alle sind so bemüht – wenn man da leichte Unwuchten anmerkt, kommt man sich vor wie Ian Malcom.

Egal. Der Ride geht weiter. Das Ding wird abgehakt. Und alle waren da. Auch jemand von den neuerdings im Abendprogramm unvermeidlichen Kellys. Howard Carpendale, Ben Zucker, Francine Jordi, etc. pp. Und immer wieder mittendrin, in großen Pieces und Medleys, bis zur Erschöpfung: Giovanni. Peter Alexander wäre stolz, Silbereisen nickt mit Respekt.

Im Vorfeld der Show hatte Giovanni auf Insta gepostet „der Rücken, der hat nach den intensiven Tagen der Vorbereitung auf die Show, leider ‚zugemacht'“. Jana Ina ist bestimmt stolz, bei so viel Einsatz und Ehrgeiz. Der Moderator bürdet sich da vielleicht zu viel auf, verfällt auch richtig oft immer wieder ins rettende Italienisch. Wenigstens ein sicherer Hafen. Sich erinnern, an den mollig warm gemütlichen Familien Fernseh-Abend, der ihn, Jahre später, in diesen Wirbel verpflanzt hat. Mal durchschnaufen in dieser Hetze.

Die Show endet dann gemächlicher, mit fast besinnlichen Retro-Momenten und einem Auftritt von Vicky Leandros. Am 9. April geht das ZDF mit der nächsten Ausgabe der Giovanni Zarrella Show auf Sendung. Giovanni zum Abschied, „denkt daran, bis dahin“, wieder total außer Atem, „Vivi. Lotta. Ama. Lebe. Kämpfe. Liebe. Alles Gute! Arrivederci! Ciao.“ Offenbar ein Lebensmotto. Kämpfen und Strampeln. Nur gehe es bitte beim nächsten Mal etwas gemächlicher an. Und schraubt noch etwas am Look. Bis hierhin aber, solide, deine Show, mit Luft nach oben.

Gut geeignet als „einfach Fernseher an“-Berieselung für Schlager und/oder Musikfans, die im Programm am Samstag nichts anderes finden.

Sendungsinfo

Die Giovanni Zarrella Show – Ausgabe vom, 12.02.2022
BRD – 2022 – 184 Minuten – ZDF
Noch bis 12.03.2022 in der Mediathek verfügbar.